
Schilddrüsenwerte und Autoimmunerkrankungen
TSH – Das Schilddrüsenstimulierende Hormon
Das TSH (Thyroidea Stimulierende Hormon) ist streng genommen kein direkter Schilddrüsenwert, da es nicht von der Schilddrüse selbst, sondern von der Hypophyse (Hirnanhangdrüse) produziert wird. Es spielt jedoch eine zentrale Rolle, da es die Bildung der Schilddrüsenhormone T3 und T4 reguliert.
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Erhöhtes TSH: Bei einer Schilddrüsenunterfunktion steigt das TSH, um die Schilddrüse zur vermehrten Produktion von T3 und T4 anzuregen.
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Niedriges TSH: Bei einer Schilddrüsenüberfunktion sinkt das TSH, um die Produktion der Hormone zu drosseln.
Eine latente Schilddrüsenunterfunktion zeigt oft normale Werte für T3 und T4, aber ein erhöhtes TSH und kann so frühzeitig erkannt werden.
Schilddrüsenantikörper und Hashimoto-Thyreoiditis
Bei Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis greift das Immunsystem fälschlicherweise die Schilddrüse an und bildet Antikörper:
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TPO-Antikörper: Bei 90 % der Hashimoto-Patienten nachweisbar.
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TG-Antikörper: Finden sich bei etwa 60 % der Betroffenen.
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TR-Antikörper: Typisch für Morbus Basedow oder Mischformen mit Schilddrüsenüberfunktion.
Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung können die Antikörpertiter abnehmen, wodurch eine chronische Autoimmunentzündung bei alleiniger Laboranalyse übersehen werden könnte. Selbst das Fehlen von Antikörpern schließt eine Hashimoto-Thyreoiditis nicht sicher aus. In solchen Fällen gibt die Ultraschalluntersuchung Aufschluss durch die typische Struktur des entzündeten Schilddrüsengewebes.


Fehldiagnose Burn-out: Schilddrüse als Ursache
Die Normwerte für TSH werden zunehmend kritisch betrachtet. Viele Experten argumentieren, dass die Obergrenze des Normalbereichs (2,0–4,0) eine Schilddrüsenunterfunktion oft übersieht.
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Symptome wie Erschöpfung und Müdigkeit werden häufig als Burn-out fehlinterpretiert.
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Auch bei formal normalen TSH-Werten kann eine Therapie mit Schilddrüsenhormonen deutliche Verbesserungen bringen.
Eine Hashimoto-Thyreoiditis kann sich mit Symptomen wie chronischer Müdigkeit, Leistungsabfall und Antriebslosigkeit präsentieren, die leicht mit einem Burn-out verwechselt werden. Daher ist es wichtig, Schilddrüsenwerte bei der Diagnostik stets zu berücksichtigen.
Tipp: Bei Verdacht auf eine Schilddrüsenunterfunktion sollte eine probeweise Therapie mit Schilddrüsenhormonen in Betracht gezogen werden, um die Beschwerden zu lindern.
Therapie der Hashimoto-Thyreoiditis
Behandlung mit Schilddrüsenhormonen
Die Hashimoto-Thyreoiditis führt nicht zwangsläufig zu einer Unterfunktion der Schilddrüse. Sollte eine Unterfunktion jedoch entstehen, ist in den meisten Fällen eine Therapie mit Schilddrüsenhormonen erforderlich. Dennoch können manche Betroffene ohne Hormonersatz auskommen, solange regelmäßige Kontrollen sicherstellen, dass ein eventueller Funktionsverlust rechtzeitig erkannt wird.
In der Regel beginnt die Therapie mit L-Thyroxin (T4) in niedriger Dosierung, beispielsweise 12,5 oder 25 µg, wobei die Schilddrüsenwerte zunächst alle 4–12 Wochen überprüft werden. Ziel ist ein niedriger TSH-Wert, bei dem sich die meisten Patienten wohlfühlen. Gleichzeitig sollten T3 und T4 im Normbereich liegen.
Individuelle Dosierung
Die Anpassung der Hormondosis erfolgt primär nach dem Befinden des Patienten, da der TSH-Wert allein keine vollständige Aussage über die Versorgung der einzelnen Organe liefert. Symptome wie Herz-Kreislauf-Probleme oder Osteoporose als mögliche Folge einer Überdosierung müssen sorgfältig überwacht werden.
Für Patienten mit therapieresistenten Beschwerden kann eine Kombination aus T4 und T3 hilfreich sein, da T3 die aktive Form des Schilddrüsenhormons ist.
Therapie während der Schwangerschaft
Schwangere mit Hashimoto-Thyreoiditis benötigen engmaschige Kontrollen, insbesondere hinsichtlich Dosierungsanpassungen und des Jodstoffwechsels, um eine optimale Versorgung sicherzustellen.
Natürliche Schilddrüsenhormone (NDT)
Einige Betroffene bevorzugen natürliche Schilddrüsenhormone (Natural Desiccated Thyroid, NDT), die aus Schweineschilddrüsen gewonnen werden. Diese enthalten neben T4 und T3 auch T1, T2 und Calcitonin, was sie von synthetischen Präparaten unterscheidet. Die Hormone sind an Proteine gebunden, was eine bessere Aufnahme im Magen-Darm-Trakt ermöglichen könnte.
Da NDT einen hohen T3-Anteil (Verhältnis T4 zu T3: 4:1) aufweist, kann es anfangs zu Überfunktionssymptomen kommen. In solchen Fällen kann die Kombination mit synthetischem L-Thyroxin helfen, die T3-Dosis zu reduzieren. Die Einnahme in zwei Portionen, morgens und mittags, kann ebenfalls die Verträglichkeit verbessern. Allerdings unterliegt die Hormondosierung bei natürlichen Präparaten potenziellen Schwankungen, was die Dosisfindung erschweren kann.
Interpretation der Laborwerte
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fT3 und fT4 unter 30 %: Meist Hinweis auf eine Unterfunktion; eine Erhöhung der Thyroxin-Dosis ist erforderlich.
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Wohlfühlbereich: Patienten fühlen sich oft erst ab Werten über 70 %, gelegentlich erst nahe 100 %, wohl.
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Maximalwerte: Werte über 100 % sind zu vermeiden, da sie langfristige Risiken wie Herzprobleme und Osteoporose bergen.
Ein niedriger fT3-Wert kann auf eine Umwandlungsstörung von T4 zu T3 hinweisen. Die Therapie sollte in solchen Fällen angepasst werden. Bei der Einnahme von NDT ist der fT4-Wert naturgemäß niedriger als der fT3-Wert.
Kontroversen zur Therapieform
Die meisten Patienten werden erfolgreich mit L-Thyroxin (T4) behandelt. Ergänzungen mit T3 oder der Einsatz von NDT sind nur in wenigen Fällen notwendig. Der anhaltende Streit zwischen Befürwortern und Gegnern verschiedener Therapieansätze trägt wenig zur Lösung individueller Probleme bei.
Unsere Philosophie orientiert sich an Hippokrates: „Wer heilt, hat recht!“. Die beste Therapie ist diejenige, die den Patienten spürbar hilft und ihre Lebensqualität verbessert.
Unsere Fachärzte im Schilddrüsenzentrum Bonn und Bornheim empfehlen einen jährlichen Schilddrüsencheck. Insbesondere gilt das zwar für Patienten ab dem 20. Lebensjahr. Da viele Schilddrüsenkrankheiten auch schon früher auftreten, ist eine Schilddrüsenuntersuchung einmal pro Jahr auch für Kinder und Jugendliche zu empfehlen.
