Hashimoto-Thyreoiditis kann die Funktionen des Gehirns stören. Das äußert sich nicht nur an kognitiven Einschränkungen, Konzentrationsproblemen oder Gedächtnisschwäche, sondern auch an Beeinträchtigungen des psychischen Befindens. Die Symptome können von negativen Gefühlen wie Niedergeschlagenheit und Antriebslosigkeit bis hin zu schweren psychischen Störungen wie Panikattacken oder Pseudodemenz reichen. Häufig lassen sich parallel zu einer Störung der Schilddrüsenfunktion Symptome einer Depression oder Angststörung beobachten.

Depressionen und Angstzustände bei Hashimoto-Thyreoiditis
Wissenschaftler von mehreren deutschen Universitäten haben die Verbindung psychischer Störungen mit Schilddrüsenerkrankungen untersucht. Die Ergebnisse präsentierten sie 2018 im Fachjournal JAMA Psychiatry. Die Autoren nahmen 19 Studien mit insgesamt rund 36 000 Teilnehmern unter die Lupe. Das Ergebnis: Patientinnen, bei denen Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow oder eine latente oder overte Schilddrüsenunterfunktion diagnostiziert wurde, haben ein um den Faktor 3,5 erhöhtes Risiko, Symptome der Depression zu entwickeln. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie unter Ängsten leiden, ist mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen mit gesunder Schilddrüse.
Andere Arbeiten fanden heraus, dass Menschen mit Depressionen, Angststörungen sowie bipolarer Störung häufiger erhöhte Werte von Antikörpern gegen TPO und TG aufweisen als die gesunde Bevölkerung. Die Forschungslage ist in diesem Punkt jedoch nicht eindeutig und andere Untersuchungen widersprechen diesem Zusammenhang. Allerdings zeigten klinische Studien wiederholt, dass sich die Ergebnisse der Behandlung depressiver Patientinnen verbesserte, wenn sie während der Therapie ergänzend Schilddrüsenhormone erhielten – sogar dann, wenn ihre Schilddrüsenwerte gar nicht darauf hindeuteten, dass sie unter Hormonmangel litten.
Im Vergleich zu den körperlichen Beschwerden, die durch Hashimoto-Thyreoiditis verursacht werden, ist über den psychischen Leidensdruck, den Betroffene erfahren, bislang noch relativ wenig bekannt – dies trotz der Häufigkeit, mit der Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen in den westlichen Gesellschaften auftreten, trotz der Schwere der Folgen für den einzelnen Betroffenen und dessen Umfeld sowie der hohen sozialen und wirtschaftlichen Kosten, die daraus entstehen. Das Robert Koch-Institut fand im Rahmen seiner 2015 veröffentlichten repräsentativen »Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland« heraus, dass rund neun Prozent der Teilnehmer im Laufe der letzten zwölf Monate Kriterien für die Diagnose »Depression« erfüllten. Auf die Bevölkerung Deutschlands übertragen, entspricht das der Zahl von rund sechs Millionen Menschen. Zu Recht wurde die Abklärung der Schilddrüsenfunktion in die Versorgungsleitlinien vieler psychiatrischer Störungen aufgenommen. Dass es notwendig ist, bei Patienten mit Anzeichen einer Depression oder Angsterkrankung eine Fehlfunktion der Schilddrüse auszuschließen, ist aber leider längst nicht in allen Arztpraxen angekommen. Hashimoto-Erkrankte erhalten oftmals zunächst Fehldiagnosen wie »Burn-out«, »psychosomatische Beschwerden« oder, im Fall von Frauen nach einer Geburt, »Babyblues«. Besonders leicht kann eine beginnende Hashimoto-Thyreoiditis Krankheitszeichen einer bipolaren Störung imitieren, wenn die Symptome infolge der Hashitoxikose zwischen Depression (Hypothyreose) sowie Überaktivität und Gereiztheit (Hyperthyreose) schwanken. Menschen mit bipolarer Störung durchleben starke Stimmungsschwankungen, die sich durch abwechselnd auftretende manische und depressive Phasen kennzeichnen.
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