
Die Autoimmunerkrankung Morbus Basedow
Morbus Basedow (im englischen »Graves‘ Disease«) genannt, ist wie die Hashimoto-Thyreoiditis eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. Von 100 000 Menschen erkranken pro Jahr etwa 20 bis 50 an Morbus Basedow. Am häufigsten tritt die Krankheit im Alter zwischen 30 und 50 Jahren auf; Frauen sind rund sechsmal häufiger betroffen als Männer. Der Name der Krankheit (lateinisch: morbus) geht zurück auf Carl Adolph von Basedow (1799–1854). Der in Merseburg tätige deutsche Arzt beschrieb 1840 zahlreiche Beschwerden, die bis heute als charakteristische Symptome der Erkrankung zählen.
Bereits fünf Jahre zuvor präsentierte der irische Arzt Robert Graves der Wissenschaftswelt drei Patientinnen mit dem klinischen Bild einer Schilddrüsenüberfunktion bei Vergrößerung der Drüse und Tachykardie. Von Basedow fielen aber weitere Details auf. Seinen Beobachtungen zufolge verursachte die Erkrankung nicht nur eine Struma und eine Tachykardie, sondern auch, dass die Augäpfel hervortraten. Das Vorhandensein dieser drei Krankheitserscheinungen wird als Merseburger Trias bezeichnet. Obwohl beide Ärzte als Ursache der Symptome vornehmlich einen Defekt des Herzens vermuteten, wurden ihre Namen in Anerkennung ihrer Leistungen später namensgebend für die Krankheit.
Beim Morbus Basedow entstehen Autoantikörper, die die Regulation der Schilddrüsenhormone stören. Dabei handelt es sich um Antikörper, die mit dem TSH-Rezeptor-Antigen an Zellen der Schilddrüse kompatibel sind. Indem sie an den Rezeptor binden, signalisieren sie der Zelle, dass sie mehr Hormone bilden soll. Zudem regen sie das Wachstum des Gewebes an. Da sich TSH-Rezeptoren auch auf Zellen der Augenhöhle finden, kann es zur endokrinen Orbitopathie kommen, die von Basedow als Hervortreten der Augäpfel beschrieb.
Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow
Auf den ersten Blick sind Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow zwei Krankheiten, die unterschiedlicher kaum sein können. Wenn sich Hashimoto-Patienten fühlen, als sei ihnen Blei an die Gliedmaßen gehängt, fühlt sich eine Person, die an Morbus Basedow erkrankt ist, als sei ihr Körper unter Strom gesetzt. Leiden Erstere unter einem ständigen Gefühl der Kälte und der Erschöpfung, empfinden Letztere Hitze und Rastlosigkeit. Bei genauerem Hinsehen erkennt man jedoch, dass die beiden Erkrankungen mehr Gemeinsamkeiten haben, als es auf den ersten Blick scheint. Es ist möglich, dass die eine Krankheit fließend in die andere übergeht oder sich eine Mischform einstellt, bei der beide gleichzeitig nebeneinander existieren. Im Labor kann sich dies in dem wechselnden Vorhandensein von schilddrüsenstimulierenden (Morbus Basedow) und schilddrüsenhemmenden Antikörpern (Hashimoto-Thyreoiditis) widerspiegeln. TPO- und TG-Antikörper, die bei rund 90 Prozent der Hashimoto-Patientinnen gemessen werden, sind auch bei dem Großteil der Morbus-Basedow-Patienten vorhanden. Umgekehrt finden sich TRAK, die funktional wirksamen Antikörper bei Morbus Basedow, auch bei Hashimoto-Patienten, allerdings nur in jedem zehnten Fall.


Der Unterschied zwischen Hashimoto-Thyreoiditis und Morbus Basedow
Die größten Unterschiede zwischen den Erkrankungen liegen offenbar in den Immunprozessen, die infolge der Störung der Selbsttoleranz ablaufen. Während das Immunsystem im Fall der Hashimoto-Thyreoiditis eher in Richtung der T-Zellen-vermittelten Immunantwort aus der Balance gerät, kippt es im Fall von Morbus Basedow eher in Richtung der humoralen, antikörpervermittelten Reaktion. Doch auch dieser Unterschied scheint eher gradueller als wesensverschiedener Natur zu sein.
Es kann mitunter schwierig sein zu differenzieren, unter welcher der beiden Krankheiten ein Patient leidet oder ob bei ihm eine Mischform vorliegt. Manche Patientinnen erhalten in der einen Arztpraxis die Diagnose »Morbus Basedow« und erfahren dann in einer anderen, dass die Diagnose falsch sei; es handele sich um Hashimoto-Thyreoiditis.
Solche Widersprüche entstehen, wenn Diagnosen auf der Grundlage von Momentaufnahmen und von zu engen Krankheitsvorstellungen gestellt werden. Auf Patienten kann sich das fatal auswirken.
Nicht nur werden sie möglicherweise auf einen falschen therapeutischen Weg geschickt. Es lässt sich immer wieder beobachten, dass ihr Vertrauen in Ärztinnen und in die Schulmedizin insgesamt nachhaltig erschüttert wird. Das kann im weiteren Verlauf notwendige Korrekturen in Diagnose und Behandlung ungemein erschweren.
Welche Wirkung haben Antikörper auf
den Krankheitsverlauf?
Bei Morbus Basedow zählen vor allem Antikörper gegen den Natrium-Jodid-Symporter und den TSH-Rezeptor (TRAK). Diese sind in »agonistischer« Form bei der Entstehung von Morbus Basedow entscheidend. Agonistische Antikörper lösen durch Kopplung an Rezeptoren Wirkungen in den Zellen aus, statt sie zu blockieren (antagonistische Wirkung). Im Fall von Morbus Basedow imitieren die agonistischen TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAb) also die Wirkung von TSH und stimulieren so die Thyreozyten, Schilddrüsenhormone zu bilden. In wenigen Fällen können bei Patientinnen auch Antikörper gegen die Follikelepithelzellmembran, Kolloid-Antigene oder gegen die Endprodukte der Hormonsynthese in der Schilddrüse, die Hormone T3 und T4, nachgewiesen werden.

Diagnostik und Untersuchung im Schilddrüsenzentrum Bonn und Bornheim
Um eine Schilddrüsenerkranung präzise zu diagnostizieren, werden in unserem Schilddrüsenzentrum Bonn und Bornheim umfassende Untersuchungen durchgeführt. Dazu gehören:
-
Ultraschalluntersuchung (Sonografie): Ermöglicht die Beurteilung der Größe, Struktur und eventueller Knotenbildung der Schilddrüse.
-
Laboruntersuchung: Bestimmung der Schilddrüsenhormone (TSH, fT3, fT4) sowie Antikörpertests, um Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis auszuschließen.
Dank unserer modernen Diagnostik kann individuell entschieden werden, ob eine Behandlung erforderlich ist oder ob die Autoimmunerkrankunu lediglich regelmäßig kontrolliert werden sollte.