
Ernährung und Lebensführung bei Hashimoto-Thyreoiditis
Die Empfehlungen für Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis zur Lebensführung und Ernährung sind allgemein gültig und eignen sich, abgesehen von der reduzierten Jodaufnahme, für jeden Menschen.
Selen, Zink, Eisen und B-Vitamine bei Hashimoto-Thyreoiditis
Bedeutung von Selen
Selen zählt zu den Antioxidantien, die als Radikalfänger wirken und entzündungshemmende Eigenschaften besitzen. Es schützt Eiweiße und Enzymsysteme und kann Autoimmunprozesse positiv beeinflussen. Da Selen vom Körper nicht selbst hergestellt werden kann, muss es über die Nahrung aufgenommen werden. Besonders Vegetarier sind häufig von einem Selenmangel betroffen.
Studien zu den Auswirkungen von Selen auf die TPO-Antikörper liefern jedoch widersprüchliche Ergebnisse, sodass der Einfluss auf den Entzündungsprozess in der Schilddrüse noch nicht abschließend geklärt ist.
Ein Selenmangel kann die Schilddrüsenunterfunktion bei Hashimoto-Thyreoiditis verschlechtern, da Selen für die Umwandlung von Thyroxin (T4) in das aktive Trijodthyronin (T3) essenziell ist. Bei nachgewiesenem Selenmangel empfehlen wir eine Ergänzung von 100-300 µg Selen pro Tag. Eine routinemäßige Einnahme ohne Mangel ist hingegen nicht ratsam, da dies das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 leicht erhöhen könnte. In Fällen, in denen die alleinige Thyroxin-Therapie nicht ausreichend wirkt, kann eine kontrollierte Gabe von Selen das Wohlbefinden verbessern, sofern der Selenspiegel im Normbereich bleibt.
Zink, Eisen und Vitamin D
Die tägliche Einnahme von 20-25 mg Zink kann sich positiv auf das Immunsystem und das allgemeine Wohlbefinden auswirken. Zusätzlich ist eine ausreichende Versorgung mit Eisen, Magnesium, Vitamin C, Vitamin E und dem Vitamin-B-Komplex wichtig.
Ein Vitamin-D-Mangel, der bei Hashimoto-Thyreoiditis häufig vorkommt, sollte unbedingt ausgeglichen werden, da Vitamin D antientzündlich wirkt und das Immunsystem reguliert.
Omega-3-Fettsäuren
Omega-3-Fettsäuren sind ebenfalls essenziell. Diese finden sich in hoher Konzentration in Weidefleisch, Walnüssen oder Fischölkapseln. Die Versorgung kann durch die Bestimmung des Omega-3-Indexes im Blut überprüft werden, um bei Bedarf gezielt gegenzusteuern.


Der Einfluss von Jod bei Hashimoto-Thyreoiditis
Jod und seine Bedeutung für die Schilddrüse
Jod ist ein essenzielles Spurenelement, das für die Produktion der Schilddrüsenhormone Trijodthyronin (T3) und Thyroxin (T4) benötigt wird. Sowohl ein Jodmangel als auch eine übermäßige Jodzufuhr können Schilddrüsenerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis oder eine Schilddrüsenvergrößerung (Struma) fördern.
Jodmangel und seine Folgen
Die häufigste Schilddrüsenerkrankung bleibt die durch Jodmangel bedingte Schilddrüsenvergrößerung (Struma diffusa), von der etwa 35 % der Bevölkerung betroffen sind – Frauen häufiger als Männer. Ein Jodmangel führt dazu, dass die Schilddrüse durch Wachstum versucht, einem Hormonmangel entgegenzuwirken.
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Struma diffusa: Gleichmäßiges Wachstum der Schilddrüse.
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Struma nodosa: Unregelmäßiges Wachstum mit Knotenbildung.
Die wichtigste Therapiemaßnahme bei Jodmangel ist eine ausreichende Jodzufuhr, z. B. durch die Verwendung von Jodsalz, den Verzehr von Seefisch oder Sushi. Falls diese Maßnahmen nicht ausreichen, kann bei Jodmangel eine zusätzliche Einnahme von Jodtabletten sinnvoll sein. In schwereren Fällen kann die vorübergehende Therapie mit dem Schilddrüsenhormon Thyroxin erwogen werden.
Empfohlene tägliche Jodzufuhr:
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Kinder: 100-200 µg (je nach Alter).
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Erwachsene bis 50 Jahre: 200 µg.
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Erwachsene über 50 Jahre: 180 µg.
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Schwangere: 230 µg.
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Stillende: 260 µg.
Obergrenze: Maximal 500 µg pro Tag selbst für gesunde Menschen.
Zu viel Jod und Autoimmunerkrankungen
Eine übermäßige Jodaufnahme kann Autoimmunerkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis oder Morbus Basedow auslösen. Bei Hashimoto-Thyreoiditis fördert zu viel Jod die Immunprozesse, die die Schilddrüse angreifen.
Empfehlungen bei Hashimoto-Thyreoiditis
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Reduzierung von Jodsalz und jodreiche Lebensmittel wie Seefisch, Sushi, Milch und Milchprodukte.
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Vorsicht bei einer Einnahme jodhaltiger Medikamente oder kombinierter Schilddrüsenhormone wie Jodthyrox. Stattdessen sollten jodfreie Präparate wie L-Thyroxin verwendet werden.
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Ein völliger Verzicht auf Jod ist jedoch in den meisten Fällen nicht notwendig.
Verstecktes Jod in Lebensmitteln
Jod ist oft in unverpackten oder verarbeiteten Lebensmitteln wie Milch, Brot, Käse, Wurst und Eiern enthalten. Eine genaue Kennzeichnung fehlt häufig, wodurch es schwierig ist, Jod komplett zu vermeiden.
Bestimmung der Jodversorgung
Die individuelle Jodversorgung kann durch die Messung der Jodausscheidung im Urin eingeschätzt werden. Diese Methode zeigt jedoch nur eine Tendenz und sollte nicht überbewertet werden.
Einfluss von Gluten auf Hashimoto-Thyreoiditis
Gluten und seine mögliche Rolle bei Hashimoto-Thyreoiditis
Gluten, ein Eiweiß aus den Bestandteilen Gliadin und Glutenin, ist in vielen Getreidesorten wie Weizen, Roggen und Dinkel enthalten. Es entsteht während der Verarbeitung, wenn das Getreide mit Wasser in Kontakt kommt. Gluten steht im Verdacht, Autoimmunreaktionen gegen Schilddrüsengewebe bei Hashimoto-Thyreoiditis auszulösen und den Verlauf der Erkrankung negativ zu beeinflussen.
Obwohl Gluten zweifelsfrei Zöliakie, eine Autoimmunerkrankung des Darms, verursachen kann, ist die Verbindung zwischen Gluten und Hashimoto-Thyreoiditis weniger klar. Beide Erkrankungen weisen genetische Gemeinsamkeiten und ähnliche Mechanismen bei Autoimmunreaktionen auf, doch Studien liefern bisher widersprüchliche Ergebnisse.
Glutenfreie Diät bei Hashimoto-Thyreoiditis: Keine generelle Empfehlung
Eine glutenfreie Diät ist bei Hashimoto-Thyreoiditis in der Regel nicht notwendig. Nur bei einer nachgewiesenen Zöliakie ist eine konsequent glutenfreie Ernährung zwingend erforderlich.
Es ist wichtig, zwischen zwei Formen der Glutenunverträglichkeit zu unterscheiden:
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Zöliakie: Eine autoimmune Reaktion mit nachweisbaren Gliadin-Antikörpern.
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Glutensensitivität: Symptome ohne nachweisbare Antikörper gegen Gliadin.
Glutenverzicht: Ein individueller Ansatz
Unsere Erfahrungen zeigen, dass einige Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis unter einer glutenarmen Ernährung häufig eine deutliche Verbesserung ihrer Symptome erleben. Daher empfehlen wir bei therapieresistenten Beschwerden einen Versuch mit glutenarmer oder glutenfreier Ernährung:
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Probeweise glutenfreier Verzicht: Kann helfen, Symptome zu lindern.
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Glutenarme Ernährung: Eine moderate Anpassung, wenn vollständiger Verzicht nicht notwendig ist.
Fazit
Während die wissenschaftlichen Beweise für einen direkten Zusammenhang zwischen Gluten und Hashimoto-Thyreoiditis begrenzt sind, kann eine individuelle Ernährungsanpassung je nach Symptomatik hilfreich sein. Eine glutenfreie Diät ist jedoch nur bei nachgewiesener Zöliakie zwingend erforderlich. Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis sollten in Absprache mit ihrem Arzt prüfen, ob ein glutenarmer Ernährungsansatz ihre Lebensqualität verbessern kann.


Tipps für einen gesunden Lebensstil bei Hashimoto-Thyreoiditis
Ein aktiver und bewusster Lebensstil kann Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis helfen, die Krankheit besser zu bewältigen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Im Mittelpunkt stehen dabei Bewegung, Entspannung und eine ausgewogene Ernährung.
Empfehlungen für den Lebensstil:
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Entspannungstechniken: Methoden wie Yoga oder progressive Muskelrelaxation nach Jacobson können helfen, Stress zu reduzieren und das Wohlbefinden zu steigern.
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Regelmäßige Bewegung: Jede Art von Sport, ob moderat oder intensiv, ist förderlich. Wichtig ist, dass die Aktivität Spaß macht und regelmäßig ausgeübt wird.
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Ausgewogene Ernährung: Eine vitaminreiche Kost bildet die Basis. Nahrungsergänzungen wie Selen, Zink, Vitamin D oder Eisen können sinnvoll sein, sollten jedoch individuell abgestimmt werden.
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Glutenarme oder glutenfreie Ernährung: Manche Patienten profitieren von einer Reduktion oder dem Verzicht auf Gluten, besonders bei therapieresistenten Beschwerden.
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Schlaf und Ruhe: Ausreichende Schlaf- und Ruhezeiten sind essenziell, um Körper und Geist zu regenerieren.
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Stressmanagement: Vermeidung von übermäßigem Stress, kombiniert mit Entspannung und Pausen im Alltag.
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Verzicht auf Alkohol und übermäßiges Essen: Diese Faktoren können das Wohlbefinden negativ beeinflussen und sollten in Maßen gehalten werden.
Universelle Maßnahmen
Diese Tipps sind nicht nur für Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis sinnvoll, sondern fördern allgemein eine gesunde Lebensweise. Regelmäßige Bewegung, bewusste Ernährung und Stressreduktion wirken sich positiv auf das gesamte Wohlbefinden aus.
Eine individuelle Anpassung der Lebensgewohnheiten kann helfen, die Symptome von Hashimoto-Thyreoiditis zu lindern und langfristig ein besseres Gesundheitsniveau zu erreichen.
Unsere Fachärzte im Schilddrüsenzentrum Bonn und Bornheim empfehlen einen jährlichen Schilddrüsencheck. Insbesondere gilt das zwar für Patienten ab dem 20. Lebensjahr. Da viele Schilddrüsenkrankheiten auch schon früher auftreten, ist eine Schilddrüsenuntersuchung einmal pro Jahr auch für Kinder und Jugendliche zu empfehlen.